Ernte

Veröffentlicht am 18. Juni 2023 um 16:56

Jesus schickt seine Jünger zu den müden und erschöpften Schafen Israels (Mt 9, 36 – 10,8). Die Schafe – der Anteil im Menschen, der das Innere verkörpert, das Geheimnisvolle, das, was wir schon vor unserer Geburt waren. Israel steht den anderen Völkern gegenüber. Es ist sozusagen das Schaf unter den Völkern. Jakob wird zu Israel, nachdem er seinen nächtlichen Kampf gewonnen hat. Israel: Recht sein vor Gott. 

Die Schafe sind nun müde und erschöpft. Man könnte sagen, sie sind schwer und träge, ausgelaugt von den Zerstreuungen und Versprechen dieser Welt. Von den vielen Zurufen, den täglichen Reizen und Anreizen ist die Quelle wie zugeschüttet. Die müden Schafe, unser Inneres, findet hier keinen passenden Hirten. In dieser Welt des Materiellen ist keine Führung für das Innere, für den Teil, der zu Gott will. Wer von den Führern dieser Welt könnte das Innere führen? Die Theologie, die Ethik, die Kunst, die Politik, gesellschaftliche Leitlinien und Debatten? Der göttliche Teil in uns wird davon ganz schlapp und ausgelaugt. Die Jünger Jesu, die ausziehen, um Israel zu suchen, müssen es befreien, sie müssen Dämonen austreiben, Krankheiten heilen – all das, was uns einseitig an diese Welt haftet.

Die Jünger sind die Erweckten, die Zwölf, die im Menschen auf dem Weg seines Lebens, seiner Entwicklung etwas bewirken, jeder Jünger entsprechend seinem Namen. Von Petrus, der den Durchbruch, unsere Geburt bewirkt bis hin zu Judas, der den Tod bringt. Der Tod, Ende des Weges – wir können nichts mehr tun, jetzt gibt es nur noch Vertrauen. Tow maweth – der Tod ist gut. Ohne Tod keine Auferstehung.      

Ernte: Der materielle Teil von uns, die Entwicklung wird abgeschnitten. Auslese. Geerntet wird die Frucht. Die Frucht, die sich auf dem Weg entwickelt hat und jetzt in Reife da ist. Sie stellt aber erst die Hälfte des Weges da. Sie wird geerntet und dann „verarbeitet“ – veredelt, könnte man sagen, zurück zu Gott geführt, zurück zur Einheit.

 


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